Die Website ist ein Archiv für unser Projekt Das Brotbaum·regime.
Ein Archiv ist eine Sammlung.
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Außerdem gibt es viele Informationen zu den Themen Wald und Kultur.
Traditionelle Lebensgrundlage
Mit Einzug der systematischen Forstwirtschaft während des 19. Jahrhunderts wurden traditionelle Waldnutzungen der Bevölkerung fast unmöglich gemacht. Waldflächen wurden von Forstbeamten stark kontrolliert; der Zweck der Flächen wurden auf den Holzertrag reduziert, der durch neue geregelte Bewirtschaftsungsweisen kalkulierbar wurde. Die Fichte war bis dato in der Region unbekannt. Als „Preußenbaum“ wurde sie mit Argwohn betrachtet. Samen und Setzlinge, die der Bevölkerung zum Pflanzen gegeben wurden, wanderten nicht selten über Nacht in Öfen oder wurden anders keimunfähig gemacht, wieder ausgebuddelt oder abgesägt. Die Fichte stand für die Verdrängung aus den Wäldern durch die Forstverwaltungen der Besatzer. Auch Wilderei und Holzdiebstahl tauchen in offiziellen Dokumenten dieser Zeit noch bis ins 20. Jahrhundert häufig auf. Diese Delikte geschahen zumeist aus der Not heraus.
Transkription Tjark-Ole Keske, Stadtarchivar Schmallenberg
Da die seit mehreren Jahren, sowohl Seitens der Gemeinderäthe als [auch] verschiedener Bürger zu Schmallenberg, statt gefundenen unbefugte Einmischung in die höheren Orts __ _ Bewirtschaftung der städtischen Communal Waldungen, dem wiederholten Ermahnungen und Rügen ungeachtet nicht nachgelassen haben, wiedehr zu Thätlichen störenden Eingriffen übergegangen sind; So hat die hochlöbliche Regierung nachdrückliche Maßregeln gegen derartige Einmischungen zu ergreifen sich genöthigt gefunden, in Folge dessen sämmtliche Einwohnern der Stadt Schmallenberg hierdurch _ und bei streng gesetzlicher Achdung geward werden; Den von der Behörde angeordneten Bewirtschafts Betrieb, auf irgend eine Weise zu stören, wobei ihren zugleich bei Vermeidung einer Polizei-Strafe von 1 bis 5 Thaler untersagt wird, ohne besondere Aufforderung und Auftrag von Seiten der Polizei- oder Forstbehörden weder irgend eine Holzfällung bei der sie nicht als Hauungs Unternehmen, oder als von dieser gediegenen Arbeiter betheiligt sind, noch sonstiger Wald Arbeit vorzunehmen. Eben_ wird diese Strafe für jede Abweichung von der zur Leistung der Gemeinde Wald Arbeit seitens der Forstbeamten gegebenen Anweisung angedroht und endlich ihrer noch mit Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen des Allgemeinen Land Rechts Th. I. Tt: 22 § 218 und folgend und des Kultur Edikts vom 14. September 1911 §26 (Gesetzsammlung pro 1811 Seite 301.) bekannt gemacht. Das zum Sammeln von Fallholz, welches überhängt nur an den von der Communal-Behörde bestimmten Tagen erlaubt ist, weder Aexte Beile oder sonstige Hau Instrumente mit in den Wald genommen werden dürfen. Im Übrigen _ ich auf die am _ _ der Protocollarischen Vorstellung vom 1. Dezember v.J. erlassene Verfügung vom heutigen Tag Bezug und erwarte von der Bürgerschaft, daß sie sich hiernach nicht vertrauen den höheren _ ihr bestes _, __ wollten Anordnungen fügen, und mir keine veranlaßung zu strengen, mir höchst unangenehme Maßregeln geben werden.
Meschede, d. 20. Februar 1834
Der Landrat
Pilgrim
Transkription und Erklärung Dr. Bernward Selter
Hintergrund
Konflikte
Die von der preußischen Forstverwaltung verordneten Fichtenaufforstungen trafen auf wenig Gegenliebe in der Bevölkerung. Konkurrierende Ansprüche prallten im Wald aufeinander: Während die preußischen Forstbehörden versuchten, mit den anspruchsloseren Nadelbäumen heruntergewirtschaftete Böden wieder zu kultivieren und schnell wachsendes Holz zu produzieren, sahen viele Bauern in den Aufforstungen mit dem verhassten „Preußenbaum“ eine Behinderung ihrer im Wald ausgeübten Viehweide und Streunutzung. Das war eine für sie nicht hinnehmbare Einschränkung ihrer Landwirtschaft. Nicht selten steigerte sich die Ablehnung in offene Wut.
Ein frühes Dokument des Protests der Bauern gegen die Anpflanzung der Nadelhölzer
Mittelsorpe, den 2. Mai 1821
„Die von den Obersorper Bauern gewaltsamerweise zerstörte Fichtenpflanzung betr.“
Als der sauerländische Oberförster Holzapfel am 2. Mai 1821 zusammen mit einem seiner Förster mit einer Fichtenanpflanzung im Sorpetal beschäftigt war, erschienen mehrere Bauern am Ort des Geschehens, „alle mit Hacken und Axten bewaffnet“, und ließen - so vermerkte es der angegriffene Staatsdiener in seinem späteren Bericht - ihrem Unmut über die Aufforstungen freien Lauf:
„wer Herr im Lande seye, ihr Förster, oder der König?
Wer wann gibt ihnen den Befehl, unser Eigenthum noch weiter zu verderben; sie hätten ja schon Protestation eingelegt; ob das noch nicht genug seye;
ihr Förster thuen das alles aus euch selbst – der König weis nichts davon,
ihr wollet uns zupflanzen und so einschränken, daß wir nicht mehr zur Thür heraus können."
Hierauf rissen die Bauern dem Förster Schmitt die Leine wornach gepflanzt wurde, fort - danach den Arbeitern 3 Hacken und eine Axt fort - und rissen sodann alle Pflanzen, denen 460 Stück waren, aus, und warfen sie um sich her“.
(Wald und Holz NRW, Zentrum für Wald und Holzwirtschaft, Forstliche Dokumentationsstelle, Akten Forstamt Glindfeld, Nr. 9)